Das Jahr 2024 ist in den ersten drei Monaten mit einem Temperaturrekord gestartet. Noch nie waren die Temperaturen im Januar, Februar und März so hoch. Parallel dazu hat es seit Jahren auch nicht mehr so viel geregnet, so dass die Böden überall mit Wasser gesättigt sind und der Grundwasserspiegel seit langem mal wieder gestiegen ist. 

Anfang April begannen unsere Reben mit dem Austrieb – so früh wie noch nie in unserer Vereinsgeschichte. Bei einem normalen Vegetationsverlauf hätte dies zu der frühesten Ernte aller Zeiten geführt. Zusammen mit der guten Wassersättigung des Bodens hätten die Startbedingungen für die Reben nicht besser sein können.

Doch leider sollte es anders kommen. In der vergangenen Woche gab es deutschlandweit einen Wetterumschwung mit Kälte, Regen und teilweise Schnee. In der vergangenen Nacht fielen die Temperaturen bei uns auf -1,5° C. Gefühlt waren die Eisheiligen früher aufgeschlagen.

Am frühen Morgen zeigte ein Blick in die Weinberge deutlich einen gereiften Weinberg und Eiskristalle auf den jungen Trieben. Für einen unerfahrenen Betrachter sieht der Trieb nicht geschädigt aus, doch die Auswirkungen zeigen sich erst Stunden später, wenn die Sonne über den Weinberg hinweggezogen ist.

Innerhalb weniger Stunden kräuseln die Triebspitzen, die Blätter rollen sich zusammen und färben sich braun. Dann trocknet der Trieb aus. Unter normalen Umständen kann der junge Trieb leichte Minusgrade überleben, besonders wenn es trocken ist oder der Himmel zugezogen. In unserem Fall war der Boden feucht, die nächtliche Blattnässe lag bei ca. 100% und die Luftfeuchte bei über ca. 80%. Dieser Umstand begünstigt die Verdunstungskälte und ein offener Himmel unterstützt die Strahlungskälte.

Leider kamen all diese schlechten Faktoren zusammen und haben die Auswirkungen potenziert. Bisher waren wir es gewohnt, dass die Steillagen vom Frost verschont blieben, da hier die Kaltluft besonders gut abfließen kann. Beim ersten Rundgang musste Christopher Beck wir mit Erschrecken zur Kenntnis nehmen, dass der Frost uns zu 80-100% getroffen hat und unser Weinberg in Obernhof fast vollständig erfroren ist. In Weinähr sieht die Lage ein wenig besser aus. Hier rechnen wir mit einem Frostschaden von ca. 60%. Wir sind auch nicht die einzigen Betroffenen. Nach Rücksprache mit den Kollegen, hat es alle Beteiligten hart getroffen.

Grundsätzlich hat die Rebe im Laufe der Evolution für solche Gefahren einen Schutz entwickelt. Zu jedem Auge sind ein oder zwei Beiaugen angelegt, die als Reserve fungieren. Sind die Beiaugen nicht vom Frost geschädigt, können diese austreiben. Allerdings ist ihre Fruchtbarkeit gering – sie tragen keine oder nur eine Traube. Dafür sorgen sie dafür, dass im kommenden Jahr ausreichend Holz zur Verfügung steht.

Wir bleiben einfach optimistisch und hoffen das Beste. Die Natur sorgt immer wieder für Überraschungen.